Presque rien (19.6.2001)

Mathieu, der mit seiner Familie am Atlantik Urlaub macht, lernt Cédric kennen und verliebt sich in ihn. Am Anfang hat er Schwierigkeiten, zu seinen homosexuellen Neigungen zu stehen, zumal sie vorher nicht offen zu Tage getreten sind. Nach und nach wird aber klar, dass er tatsächlich in einen Mann verliebt ist. Mathieu entfernt sich zunehmend von seiner nicht ganz unproblematischen Familie, hat aber Gewissensbisse, weil es seiner Mutter nicht so gut geht. Nach und nach bekommen jedoch alle mit, was Sache ist. Eine Zeit lang verstehen sich Mathieu und Cédric ausgezeichnet, nach und nach zerstreiten sie sich aber, was Mathieu nicht so gut verkraftet...
Der Film macht seinem Titel ("Fast nichts") alle Ehre: Es kommt fast keine Handlung darin vor, er schleppt und schleppt sich dahin; man wartet die ganze Zeit (vergeblich) darauf, dass der Film endlich in Schwung kommt. Letztlich lebt dieser Streifen nur von Tabubrüchen, die heute zum Teil einfach keine mehr sind. Vielleicht wäre der Film noch etwas erträglicher geworden, wenn der Regisseur einfach konsequent einen ruhigen, beschaulichen Film gedreht hätte, aber er konnte sich anscheinend nicht entscheiden, und so ist ein Machwerk entstanden, das zugleich hektisch, langweilig, wirr und (möchtegern-)obszön ist. Man sollte es kaum für möglich halten.

Gesamturteil: 0/5
(Urteil auf der Grundlage der nach unten offenen Sneak-Skala. 0: verheerend, 1: schlecht, 2: na ja, 3: anständig, 4: gut, 5: genial)
Tobias

Hier noch ein Kommentar von Nils Maschke:

Hm,

ich habe gerade Deine Meinung über Presque rien gelesen. Es kommt in dem Film keine Handlung vor, das stimmt. Aber ich hatte überhaupt nicht das Gefühl, dass er dadurch schleppend wird. Meiner Meinung nach, soll hier gar keine Handlung gezeigt werden, sondern Zustände und Augenblicke. Das ist im eigenen Leben doch genauso, dass es immer wieder Augenblicke gibt, in denen man Entscheidungen trifft die auf alles was danach kommt einen gewichtigen Einfluß haben, genau darauf konzentriert sich der Film. So beeindruckend wie die gefühlsmäßige Verfassung von Mathieu gezeigt wurde, ist eine Handlung gar nicht notwendig. Es geht ihm schlecht, weil er zum ersten mal ein extrem negatives Gefühl erlebt nachdem er davor das erste mal ein extrem positives Gefühl hat. Zudem ist er nicht von einem anderen vom einen in das andere extrem geschubst worden, sondern von sich selbst. Ernüchterung spielt hier also auch eine sehr wichtige Rolle. Das sind Situationen, in denen sich sehr viele Menschen wiederfinden können. Deshalb geht dieser Film doch auch so unter die Haut (zumindest unter meine). Die Darstellung der Handlung ist da nebensächlich. Wenn man selbst in einer ähnichen Situation denkt zwar pausenlos daran, wie man dorthin geraten ist (sucht also Motive bzw. Handlung) ändern tut es ander Situation aber überhaupt nichts. Darum finde ich es sehr erfrischen, dass konsequent auf Handlung bzw. Handlungsmotive verzichtet wurde. Ich würde meine Kritik auch nicht so sehr auf die Tabubrüche fokussieren. Es findet viel Sexualität statt, aber sie wirkt nie provozierend (was ja eine Bedingung für einen Tabubruch ist). Die zwei haben Sex. Mehr passiert nicht, ich würde das nicht überbewerten. Immerhin gehört es zur Liebe dazu, wieso soll es nicht gezeigt werden, zumal es sehr zum Charakter von Cédric passt. Ich würde das nicht überbewerten.

So jetzt hoffe ich mal, dass das nicht zu oberlehrerhaft rüberkam. Aber dieser Film hat mich mehr beschäftigt als jeder andere Film den ich kenne. Da konnte ich Deine Kritik nicht so unkommentiert lassen. Vielleicht änderst Du Deine Meinung, wenn Du ihn Dir ein zweites Mal ansiehst.

n.

Sneak-Übersicht

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